Seminarleiter:innen von Arbeit und Leben Berlin haben sich Ende 2020 zusammengeschlossen und einen Offenen Brief (siehe unten) zu den prekären Arbeitsbedingungen von selbstständigen Seminarleiter:innen der Politischen Erwachsenenbildung veröffentlicht. Wir forderten mehr Mitbestimmung und finanzielle Absicherung, ausgelöst durch die besondere Situation in der Pandemiezeit. Ziel war eine schriftliche Kooperationsvereinbarung, die die zukünftige Zusammenarbeit regelt.
Über mehrere Monate fanden kontroverse Gespräche und konstruktive Verhandlungen statt. In diesem Prozess wurden wir tatkräftig durch André Pollmann von ver:di unterstützt.
Ergebnis ist eine gemeinsam erarbeitete Vereinbarung zur Zusammenarbeit
Die Vereinbarung beinhaltet u.a. folgende Punkte:
- halbjährliche Koordinationstreffen der Seminarleiter:innen und Arbeit und Leben
- Einbindung der Seminarleiter:innen bei der Planung des Jahresprogrammes
- Anerkennung einer Seminirleiter:innenvertretung als Interessenvertretung
- Honorare / krankheitsbedingte Ausfallhonorare
- Arbeit und Leben wird sich gegenüber den Fördermittelgebern auf Bundesebene stark machen, eine Regelung bei Ausfallhonorare sowie Honorare im Krankheitsfall in die Förderprogramme aufzunehmen
Auslöser für die Gespräche war unser Offener Brief vom 25.11.2020:
Offener Brief
von Seminarleiter:innen des Bildungsträgers Arbeit und Leben DGB/VHS Berlin
Weltweit erleben Menschen tiefgreifende Umbrüche. Sie führen zu Angst und Verunsicherung und stellen bisherige Deutungen von Wirklichkeit in Frage. Das Bedürfnis nach Orientierung wächst. Politische Bildung bestärkt Menschen darin, als mündige Bürger:innen damit zurecht zu kommen und einen eigenen demokratischen Kompass zu entwickeln. In Zeiten gesellschaftlicher Spaltungen ist dies nötiger denn je.
Politische Bildung lebt ganz wesentlich von der fachlichen Expertise und dem großen Engagement freiberuflicher Bildungsarbeiter:innen in Vereinen, Bildungsstätten, Gewerkschaften und Volkshochschulen. Sie wird nicht allein über staatliche Institutionen wie die Bundeszentrale und Landeszentralen für politische Bildung, parteinahe Stiftungen oder Programme wie „Demokratie leben“ eines Bundesministeriums angeboten. Ohne das Wirken der „Freien“ würde diese Arbeit für das Gemeinwesen weiter verarmen und ihre Anbindung an breitere Bevölkerungskreise vollends verlieren.
Dieser zentrale Wert steht jedoch in einem harschen Gegensatz zu deren Wertschätzung. Freiberufler:innen geben doppelt: durch ihre Arbeit und durch fundamental prekäre Arbeitsverhältnisse. Sie haben keine Mitbestimmungsmöglichkeiten, müssen für Renten- und Krankenversicherung selbst aufkommen und haben keinen bzw. kaum Anspruch auf Ausfallhonorare.
Auch bei Arbeit und Leben Berlin einem Bildungsträger, der von DGB und Volkshochschulverband getragen wird, sind die Bedingungen für die freiberuflichen Seminarleiter:innen ähnlich:
- Ende der einseitigen Überwälzung des Risikos auf die freiberuflich Tätigen,
- Ausfallhonorare,
- Krankenkassen- und Rentenbeiträge durch die auftraggebenden Einrichtungen,
- einklagbare Regelungen zur Mitbestimmung aller freiberuflich Tätigen,
Bindung der Anerkennung einer Einrichtung als Bildungsträger an Kriterien zum Umgang mit freien Mitarbeiter:innen, die diesen Forderungen entsprechen.
Wir sind uns bewusst, dass die Forderungen auch Konsequenzen für die Ausrichtung der Förderprogramme der Einrichtungen selbst haben müssen. Freiberuflichen Mitarbeiter:innen politischer Bildung gebührt dieselbe Wertschätzung wie den Festangestellten. Langfristig orientiert. Jetzt!